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Kapitel 2: Träume

Hinter dem Haus von Sarahs Eltern lag ein gewaltiger Wald. Er war so groß, dass Sarah und ihre Freundin Felicitas, beide etwa zehn Jahre alt, bisher nur einen kleinen Teil davon erkunden konnten. Am Entdeckergeist der Beiden lag das aber nicht. Immer wenn sie zusammen waren, verbrachten sie die meiste Zeit im Wald. Ihre Festung, selbst gebaut aus einigen Ästen und Blättern, umringt von einem wackeligen Zaun, diente ihnen dabei als Unterschlupf. Von hier aus begannen sie ihre Abenteuer. Kämpften gegen Monster, suchten verlorene Schätze oder gingen einfach auf Erkundungstouren.

„Ich denke, an der Quelle des Baches werden wir bestimmt einen Schatz finden!“ sagte Sarah überzeugt und kletterte über einige große Wurzeln, die über das Ufer des kleinen Baches gewachsen waren.

„Wie kommst du darauf?“ fragte Felicitas.

„Ich habe da ein gutes Gefühl bei der Sache.“

Felicitas und Sarah waren gut gerüstet für diesen Ausflug. Beide trugen jeweils einen Speer und einen kleinen Rucksack mit Proviant. Die Standartausrüstung für eine Erkundungsmission. Das heutige Ziel war es herauszufinden wo der Bach herkam. In diesem Teil des Waldes waren sie noch nie und das war Grund genug um einmal nachzusehen, ob es hier noch Monster zu jagen oder Schätze zu finden gab.

Der Bachlauf führte einen kleinen Hügel hinauf.

„Was würdest du mit dem ganzen Gold machen, wenn wir es finden?“ fragte Felicitas.

„Ich würde ein Schloss kaufen, in dem du die Prinzessin bist und ich deine Leibwache“, sagte Sarah. Sie duckte sich unter einem umgestürzten Baum hindurch, der mit einer dicken Schicht Moos überzogen war.

Felicitas blieb vor dem Baum stehen. „Warum willst du nicht Prinzessin sein?“

„Ich verstehe mich einfach besser aufs kämpfen und du bist besser mit Worten. Außerdem, jede Prinzessin braucht jemanden, der sie beschützt“, sagte Sarah und streckte den Kopf unter dem umgestürzten Baum hervor. „Na komm, ich muss dir was zeigen“.

Felicitas folgte Sarah unter dem Baum hindurch. Nur wenige Meter weiter lichtete sich das Dickicht und gab den Blick frei auf einen kleinen See. Ringsum war er eingewachsen mit Bäumen und Sträuchern. Auf der gegenüberliegenden Seite fiel ein kleiner Wasserfall über einige große Felsen hinunter.

„Wow, das ist schön!“, sagte Felicitas.

„Ja“. Beide standen dort für einen Moment, bis Sarah sagte, „aber es ist nicht die Quelle. Wir müssen einen Weg diese Felsen hinauf finden“. Sie zeigte mit ihrem Speer in Richtung der Felsen. Felicitas nickte und die beiden begannen sich einen Weg durch das Dickicht zu bahnen.

„Weißt du, ich denke die Leute würden sich freuen, wenn du die Beschützerin des Königreiches und ich die Prinzessin wäre“, sagte Felicitas während sie Sarah folgte.

„Beschützerin des Königreiches?“, Sarah lächelte. „Das gefällt mir“, und mit einer sehr vornehm klingenden Stimme fügte sie hinzu: „eure Hoheit.“ Beide lachten.

So erreichten sie gut gelaunt das obere Ende des Wasserfalls.

„Von hier oben kann man fast unsere Festung sehen“, stellte Felicitas fest.

„Hm, ich sehe nur Blätter“, sagte Sarah.

„Ja, ich auch, aber unsere Festung müsste unter diesem großen Baum dort liegen“, sagte Felicitas und deutete in die Richtung aus der sie gekommen waren.

Sarah legte den Kopf schief und überlegt kurz, bis sie antwortete: „Ja, ich denke du hast recht!“

„Lass uns hier ein wenig rasten“, sagte Felicitas, setzte sich neben den Wasserfall auf einen Felsen und ließ die Beine über den Rand baumeln.

„Aber, der Schatz, er ist bestimmt nicht mehr weit“, Sarah war sich nicht sicher, was sie tun sollte. Auf der einen Seite wollte sie unbedingt den Schatz haben, aber auf der anderen Seite waren sie schon den ganzen Morgen unterwegs, eine Rast würde beiden gut tun.

„Der Schatz läuft uns bestimmt nicht weg“, sagte Felicitas. „Wir wissen nicht, wie weit es noch ist und die Beschützerin des Königreiches sollte unbedingt ausgeruht sein, wenn wir auf Monster treffen.“

„Zu Befehl eure Hoheit!“, Sarah salutierte, hüpfte neben Felicitas und setzte sich. „Lasst uns sehen was unsere Proviantmeisterin denn heute für uns eingepackt hat“, Sarah nahm ihren Rucksack ab, öffnete ihn und schaute hinein. „Wie es scheint, waren die Bäume des Waldes einmal mehr die Quelle ihrer Inspiration“, sagte sie in ihrer vornehmsten Stimme und zauberte einen Apfel hervor. Mit dem Versuch die Stimme ihrer Mutter nachzumachen fügte sie hinzu: „Sie enthalten jede Menge Vitamine und sind mächtig gesund!“

Felicitas fiel vor Lachen fast von ihrem Felsen.

„Möchte eure Hoheit einen dieser delikaten Äpfel?“ fragte Sarah.

Felicitas konnte sich lange genug zusammenreißen um im hoheitlichen Ton zu antworten: „Ich muss ablehnen. Ich verfüge selbst über ein solches Obst“. Um es zu beweisen zog auch sie einen Apfel aus ihrem Rucksack. „Esst ihn ruhig selbst, schließlich wollen wir beide einmal groß und stark werden!“

Da konnte auch Sarah ihren gespielten Ernst nicht mehr beibehalten und beide lachten, bis sie umfielen. Es dauerte eine ganze Weile, bis sich die beiden wieder beruhigten. Als Felicitas wieder zu Luft kam, nahm sie einen großen Bissen von ihrem Apfel und deutete in den Himmel. „Schieh mal, die Wolke schieht aus wie eine Bflume“.

Sarah schaute erst kurz zur Wolke und dann mit einem vorwurfsvollen Blick auf Felicitas.

„Was?“

Sarah nahm einen großen Bissen von ihrem Apfel bevor sie antwortete: „Es ischt nicht schehr prinzeschinenhaft mit vollem Mund tzu schprechen.“ Da mussten beide wieder loslachen.

Doch plötzlich raschelte es im Gebüsch nicht weit von ihnen. Sarah und Felicitas hielten sofort inne und griffen nach ihren Speeren.

„Was war das?“, fragte Felicitas.

„Vielleicht nur ein Vogel“, aber Sarah verhielt sich, als glaubte sie selbst nicht an diese Erklärung.

Das Rascheln kam näher. Nein, es klang nicht nach einem Vogel der durchs Gebüsch hüpfte. Es musste etwas viel größeres sein.

„Wir sollten uns versteckten“, schlug Felicitas vor. Ihre Stimme klang ängstlicher als sie es eigentlich wollte.

„Wir können uns hier oben nicht verstecken“, sagte Sarah. Sie hielt ihren Speer gerade auf das Gebüsch vor ihr gerichtet. „Wir wissen noch nicht was es ist. Zur Not können wir in den See unter uns springen.“

Das Geräusch war jetzt ganz nah.

„Aber was wenn der See nicht tief genug ist?“, ängstlich klammerte sich Felicitas an ihren Speer.

Da kam ein Bär aus dem Gebüsch. Es war kein besonders großer Bär. Wie es schien hatte auch er nicht mit zwei kleinen Mädchen gerechnet, denn er stand nur da und musterte die Beiden.

Felicitas bewegte sich nicht mehr, mit großen angsterfüllten Augen starrte sie den Bären an. Sarah stellte sich schützend vor Felicitas. Den Speer hielt sie ruhig auf den Bären gerichtet.

„Wir müssen weg von hier, verstanden?“, in Sarahs Stimme war keine Angst. Felicitas nickte schwach. „Wir können nicht den Weg nehmen, den wir gekommen sind. Da kann der Bär uns folgen, wir müssen den Wasserfall hinunter springen.“ Sarah schaute kurz zu Felicitas, aber diese starrte nur auf den Bären. „Hast du verstanden?“ Dieses mal ein schwaches Nicken. „Du springst zuerst. Ich folge dir!“

Dem Bär wurde es langsam zu bunt. Er wollte hier doch nur etwas trinken und diese zwei, was auch immer sie waren, waren ihm im Weg. Er macht einen Schritt nach vorne. Schon zuckte Sarahs Speer ihm entgegen, aber sie verfehlt den Bären. Er war noch außer Reichweite. Der Bär knurrte.

„SPRING! JETZT!“ das löste Felicitas aus ihrer Erstarrung. Behutsam näherte sie sich der Felskante. Sie schaute zu Sarah. Der Bär ging einen weiteren Schritt auf sie zu. „NUN MACH SCHON!“. Da dreht sich Felicitas um, nahm allen Mut zusammen und sprang. Während sie fiel, hörte sie noch, wie der Bär brüllte und ein anderes Geräusch, dass sie nicht ganz einordnen konnte. Dann empfing sie der See und sie hörte nur noch das Gurgeln von Wasser.

Mit wenigen Zügen war sie wieder an der Oberfläche. Nichts war mehr zu hören. „SARAH!“ Keine Antwort. Da entdeckte sie Sarah, wie sie im Wasser trieb. Sie musste wohl kurz nach ihr gesprungen sein. Aber sie regte sich nicht und ihr Kopf war unter Wasser.

„Sarah!“ Felicitas schwamm schnell zu ihr. Sie drehte Sarah herum, um ihren Kopf aus dem Wasser zu heben und schleppte sie an den Strand. Dort legte Felicitas Sarah auf die Seite und begann gegen Sarahs Brust zu drücken. „Komm schon! Du darfst nicht tot sein!“ Wasser floss aus Sarahs Mund. „KOMM SCHON!“ nach einem letzten, herzhaften Stoß gegen Sarahs Brust begann diese endlich zu Husten. „So ist es gut.“

„Was … ist … passiert?“ Langsam kam Sarah wieder zu sich. Ihre Stimme klang schwach und müde. Mit ihrer Hand tastete sie ihre Seite ab und als sie ihre Hand betrachtete war sie blutrot. Felicitas erschrak.

„Du bist verletzt!“ Felicitas schob Sarahs Pulli und ihr T-Shirt weit genug nach oben um einen Blick auf die Wunde werfen zu können und ihre Augen weiteten sich.

„Wie … schlimm ist es?“

Felicitas zögerte kurz bevor sie antwortet. „Nur ein Kratzer.“

Sarah lächelte matt. „Du warst schon immer eine schlechte Lügnerin.“

Felicitas zog ihren eigenen Pullover aus, rollte ihn zusammen und band ihn so fest um Sarahs Taille wie sie konnte.

„Au“, ächzte Sarah.

Felicitas ging nicht weiter darauf ein. „Wir müssen weg von hier und zwar schnell. Der Bär könnte jeden Augenblick herunter kommen. Kannst du gehen?“

„Ich werde es versuchen“, wackelig, mit fest zusammengepressten Zähnen und mit Felicitas Hilfe gelang es ihr aufzustehen. Schweiß stand auf ihrer Stirn. Felicitas wusste, dass Sarah wohl nicht sehr lange durchhalten würde. Je weiter die Beiden von dem Bären weg kamen, umso besser.

„Hier, nimm meinen Speer. Damit kannst du dich etwas abstützen“. Mit dem meisten Gewicht auf Felicitas lastend gingen die Beiden los. Es war nicht einfach. Sarah stolperte über den kleinsten Stein und Felicitas hatte Mühe sie aufrecht zu halten. Felicitas konnte spüren, wie Sarah immer schwächer wurde.

„Sarah! Beschützerin des Königreiches! Ich befehle euch nicht einzuschlafen!“ rief Felicitas als sie merkte wie ihre Freundin nur noch im Halbschlaf den Weg entlangstolperte. „Hast du mich verstanden?“

Sarahs Kopf ruckte nach oben. „Zu Befehl eure Hoheit“, antwortete sie mit leiser Stimme. Etwas von ihrer Kraft kam zurück, aber Sarah musste für jedes bisschen kämpfen um wach zu bleiben.

„Es ist nicht mehr weit“, sagte Felicitas.

„Du musst pfeifen.“ Felicitas erschrak. Ja, das hatte sie fast vergessen. Die Beiden hatten mit Sarahs Eltern ausgemacht, dass sie dreeimal laut pfeifen sollten, wenn irgendetwas passiert war. So nahm Felicitas schnell zwei Finger in den Mund und pfiff zweimal so laut sie konnte.

„Es tut mir leid“, sagte Felicitas, „das hatte ich ganz vergessen.“

„Ist schon gut, dafür war dein Pfeifen um so lauter. Das haben sie bestimmt gehört.“

Stolpernd liefen sie weiter. Felicitas war es egal, dass Zweige sich in ihrer Kleidung verfingen oder ihr die Haut zerkratzen, sie kämpfte sich einfach weiter durch den Wald. Mit jedem Schritt der Rettung ein Stück näher. Sarahs Vater sollte zu Hause sein. Als die Beiden im Wald verschwanden, arbeitete er im Garten.

„Weißt du“, Sarahs Stimme war nur noch ein leises Flüstern, „jetzt bist du die Beschützerin … und ich … die … Prinzessin“. Sie lächelt müde. Ihr Gesicht war ganz weiß geworden und war mit Schweißperlen bedeckt. Felicitas überprüfte den Pullover den sie Sarah um die Hüfte gebunden hatte und sah, dass er sich an einigen Stellen bereits rot verfärbte.

„Ich will aber dass du meine Beschützerin bist! Ich bin nicht gut im Kämpfen, ich bin nicht so mutig wie du und dein Speer ist viel besser als meiner!“ Felicitas war verzweifelt. „Das sind alles gute Gründe zu leben, hörst du? Du darfst nicht sterben!“ Sie zwängte sich mit Sarah durch das nächste Gebüsch. Das Dickicht wurde lichter. Es musste nicht mehr weit sein bis zum Waldrand.

„Siehst du, der Wald lichtet sich. Du musst nur noch ein wenig länger durchhalten!“ redete Felicitas auf Sarah ein.

„Geht klar“, kam die schwache, kaum hörbare Antwort. Gemeinsam überbrückten sie die letzten Meter und erreichten endlich den Waldrand.

Abermals pfiff Felicitas dreimal. Von hier aus konnten sie Sarahs Haus sehen. Es musste sie jemand hören. Sie setzte Sarah behutsam an einem Baum ab. Panik ergriff Felicitas, als sie sah, dass Sarah ihre Augen geschlossen hatte. Kurz entschlossen gab sie ihr eine Ohrfeige: „Du musst wach bleiben!“

Sarah kam wieder zu sich. „Au“, sie versuchte mit ihrer Hand ihre Backe zu berühren, aber ihre Kraft reichte dafür nicht aus.

„Tut mir leid“, Felicitas strich kurz über Sarahs Wange. „Ich laufe zum Haus und hohl Hilfe.“ Sarah nickte. Doch bevor Felicitas loslaufen konnte raschelte und knackte das Unterholz. Etwas kam schnell näher.

„Der Bär“, schoss es Felicitas durch den Kopf. Sie schnappte sich den Speer, der im Gras lag und in einer fließenden Bewegung richtete sie ihn auf das Gebüsch. Abermals Pfiff sie dreimal so laut sie konnte.

Das Geräusch kam immer näher.

„Lauf weg und rette dich“, sagte Sarah leise.

„Nein“, sagte Felicitas mit einer Stimme, die sehr viel stabiler war, als sie sich fühlte. „Vorhin hast du mich gerettet, jetzt ist es an der Zeit, dass ich dich rette!“

Da trat plötzlich Sarahs Vater aus dem Gebüsch. Er war ganz außer Atem. Er hatte schon Felicitas erstes Pfeifen gehört und war zur Festung der Mädchen geeilt. Dann folgte er dem zweiten Pfeifen zu ihnen.

„Was ist passiert?“ Er schob den Speer zur Seite und beugte sich sofort über seine Tochter um nach ihr zu sehen.

„Sarah wurde im Wald von einem Bären angefallen, sie muss sofort ins Krankenhaus! Sie wurde an der Seite verletzt. Ich habe versucht die Blutung mit meinem Pullover zu stoppen, aber ich glaube, das hat nicht funktioniert. Sie blutet immer noch und sie wird immer schwächer“, sprudelte es aus Felicitas heraus, die froh war, dass es kein Bär war.

Sarahs Vater schaute sich Sarahs Seite an und erkannte gleich den Ernst der Lage. Er zog den Pullover noch etwas fester und hob seine Tochter dann auf seine Arme. „Komm“, sagte er zu Felicitas und beide liefen zum Haus hinunter, stiegen in den Wagen und fuhren ins Krankenhaus.

Sarah überlebte an diesem Tag. Gerade so.


Dampf zischte. Felicitas hatte Mühe die Augen zu öffnen.

„Eine leichte Desorientierung ist normal, wenn man so lange im Kälteschlaf war“, hörte sie eine Stimme. Sie kam ihr irgendwie bekannt vor. Langsam gelang es ihrem Gehirn sich von der Welt der Träume zu trennen.

Träume, ja. Diesen träumte sie zu oft. Es war dieser verhängnisvolle Tag von vor fast 20 Jahren, der ihr Leben von Grund auf veränderte. Felicitas wurde Ärztin. Sarah konnte das Erlebnis mit dem Bären nicht davon abbringen zum Militär zu gehen. Sie musste ebenfalls hier irgendwo auf diesem Raumschiff sein.

Felicitas konnte langsam wieder Konturen erkennen. Mit ihrer linken Hand tastete sie nach dem Rahmen der Tür ihrer Schlafkammer und zog sich nach vorne. Sofort wurde ihr schwarz vor Augen und sie musste um ihr Gleichgewicht kämpfen.

„Langsam, langsam“, ein paar Hände halfen ihr nicht vorn über zu fallen. „So lange Zeit im Kälteschlaf ist einfach nicht gut für den Körper. Er muss sich erst wieder daran gewöhnen belastet zu werden. Lass dir Zeit.“

Felicitas nickte. Gina, das war der Name der zu der Stimme gehörte. Sie stand vor Felicitas und beobachtete sie eingehend. In der Hand hielt sie einen hellblauen Becher, der gefüllt war mit einer violetten Substanz.

„Hier“, Gina reichte ihn Felicitas. „Damit geht es dir gleich viel besser. Das Zeug bringt deinen Körper wieder in Schwung.“

„Danke Gina“, Felicitas nahm den Becher entgegen. In der eigenen Hand wirkte er viel größer und der Inhalt deutlich unappetitlicher.

„Nur nicht zu lange ansehen, oder daran riechen“, sagte Gina gut gelaunt, „sonst kriegst du das Zeug nicht runter.“ Mit einem grinsenden Gesicht ging sie zur nächsten Schlafkammer und drückte ein paar Knöpfe.

Ein letzter skeptisch prüfender Blick in den Becher, einmal tief durchgeatmet und Felicitas nahm einen großen Schluck. Ein fürchterliches Getränk. Nur mit Mühe konnte sie das Zeug in sich behalten. Nicht nur, dass die Flüssigkeit nicht schmeckte, sie hatte auch noch eine sirupartige Konsistenz, was ein hinunterschlucken schwierig machte.

Aber die Mühe lohnte sich. Schnell spürte Felicitas, dass ihr Körper wieder einen Gang höher schaltete. Sie fühlte sich weniger wackelig auf den Beinen und der Raum hatte endlich aufgehört sich zu drehen. In einer letzten Überwindung schluckte sie den Rest hinunter.

„Ist das eklig“, sie schüttelte sich und stieg aus ihrer Schlafkammer.

Sie war in einem langen Gang mit Schlafkammern auf beiden Seiten. Der Gang war gefüllt mit Leuten, die entweder auf den Knöpfen der Kammern herumdrückten, um weitere Schlafende zu wecken, oder Erwachte, die versuchten sich wieder in der echten Welt zurecht zu finden.

Unterhalb der Konsole war ein Fach für Kleidung eingelassen. Felicitas stellte den Becher auf die Konsole, öffnet das Fach und holt eine bequeme lange Hose hervor und ein dazu passendes langärmeliges T-Shirt. Sie zog sich an, schaute sich noch einmal um, ob sie noch weitere bekannte Gesichter ausmachen konnte und machte sich dann auf den Weg zum Speisesaal.

Etwa zehn Jahre Schlaf machten hungrig.

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